12.09.2016: Professor Dr. Joachim Gardemann, FH Münster – Nothilfe für Zufluchtsuchende weltweit in Deutschland

Prof. Gardemann, Monika Siegert (ai)

Angesichts von etwa 60 Millionen Flüchtlingen weltweit (laut UNO, Ende 2014) und auch angesichts der aktuellen Situation in Deutschland stellt Joachim Gardemann die Frage nach Standards der internationalen Flüchtlingshilfe, die auch in Deutschland beachtet werden müssen. Neben einer sittlichen Verpflichtung aller Menschen zur Nothilfe gibt es tatsächlich eine Reihe von Leitlinien und Vorschriften, die, konsequent angewandt, dazu führen sollten, dass Flüchtlinge in deutschen Erstaufnahmeeinrichtungen und später möglichst schnell in das hier geltende Gesundheitswesen aufgenommen werden. Vor diesem Hintergrund ist zum Beispiel die auch in Hamm mehrfach diskutierte „Gesundheitskarte“ relevant.

Joachim Gardemann ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen und Gesundheitswissenschaftler. Hilfseinsätze für das Internationale Rote Kreuz brachten ihn in fast alle Krisengebiete der Welt. Seit 1997 lehrt er Humanbiologie und humanitäre Hilfe an der Fachhochschule Münster. Seit 2001 leitet er dort auch das Kompetenzzentrum Humanitäre Hilfe. Er führt derzeit als DRK-Helfer im Auftrag des Gesundheitsamtes Münster Impfsprechstunden in der NRW-Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Gievenbecker Wartburgschule durch, und genau dort sieht der Arzt besondere Herausforderungen für das medizinische Personal: „Wenn die Flüchtlinge später einmal auf die Kommunen verteilt sind, werden sie dort automatisch in das Gesundheitswesen integriert. Wichtig ist deshalb die erste ärztliche Inaugenscheinnahme direkt nach ihrer Ankunft“. Gardemann betont, dass die Flüchtlinge überall auf der Welt, also nach internationalem und auch nach deutschem Recht, einen Anspruch auf angemessene gesundheitliche Versorgung haben. Viele Flüchtlinge, die Gardemann inzwischen betreut hat, haben psychische Beeinträchtigungen, wie er sie beispielsweise bei Hinterbliebenen nach dem Erdbeben in Haiti oder im Flüchtlingscamp in Jordanien erlebt hat. „Fast alle sind belastet, erschöpft und oft verzweifelt. Viele, aber nicht alle, leiden an einer posttraumatischen Belastungsstörung oder werden eine solche noch zeigen. Besonders wichtig ist daher jetzt die Sicherstellung kultursensibler Therapieangebote“, so Joachim Gardemann.

Moderation: Monika Siegert

Eine Veranstaltung zur “Gültigkeit international verbindlicher, normativer und technischer Standards der Flüchtlingshilfe auch in den deutschen Erstaufnahmeeinrichtungen”.

Montag: 12.September 2016, 19.00 Uhr Friedensschule Hamm

Kooperation von: Amnesty International Hamm und Deutsches Rotes Kreuz Hamm

Der Eintritt ist frei.

27. März 2019